Montag, 26. April 2010

Haere ra – Auf Wiedersehen!


Ehe man sich versieht, ist schon ein Jahr vergangen. Vor fast genau zwölf Monaten saß ich wie ein Häufchen Elend im Flugzeug und fragte mich, warum ich eigentlich unbedingt nach Neuseeland wollte. Natürlich meldeten sich die Zweifel am lautesten, als es kein Zurück mehr gab. Wegen mir hätte der Pilot das Flugzeug bestimmt nicht umgedreht. Nun, Angsthase der ich bin, kriegte ich einfach Muffensausen, so ganz ohne Plan und festem Ziel ausgerechnet in das abgelegenste Land der Welt zu düsen. Ein bisschen panisch war ich auch, weil mich bis zum Ende keiner begleiten wollte und ich da jetzt allein durch musste. Und der Abschied viel mir wider Erwarten wesentlich schwerer als gedacht, schließlich hat das Fernweh schon ein paar Mal bei mir zugeschlagen.


Wie man jedoch sieht, habe ich alles ganz gut überstanden. Mein Neuseelandjahr verlief zwar nicht ganz so, wie ich es mir gewünscht hätte und oft habe ich den Inselstaat auch ordentlich verflucht, aber unterm Strich habe ich dort doch eine schöne Zeit verbracht. Für ein paar Monate, konnte ich mich sogar stolze Autobesitzerin nennen, wer weiß, ob mir das in Deutschland mit meinem schönen aber unbrauchbaren Abschluss je gelingen wird! Egal. Es tut mir nur Leid, dass ich diejenigen enttäuschen musste, die auf eine Berichterstattung über ein "typisches" neuseeländisches Rucksacktouristen-Jahr mit Trampen, tagelangen Wanderausflügen, Zelten mitten in der Wildnis und alles, was dazu gehört, gehofft haben. Nun, was soll ich sagen, ich bin nun mal eben ein Waschlappen und habe mir deswegen lieber mein eigenes Auto gekauft, um andere Leute mitzunehmen. Und ich mag Betten, sie sind bequem, warm und komfortabel! Zu guter Letzt, musste ich mir nach vielen unglücklichen Urlauben in bergigen Regionen endlich eingestehen, dass mich die Wanderlust wahrscheinlich nie heimsuchen wird. Stefan denkt bestimmt mit Schrecken an unsere Zeit im Zion Nationalpark zurück, als ich ausgerechnet im, laut ihm, wohl schönstem Canyon der USA diesbezüglich ein Schlüsselerlebnis hatte.


Wo wir gerade von den USA reden, wie das Schicksal so spielt, hat sich die Aschewolke rechtzeitig verzogen, damit wir, wie geplant, am Freitag Richtung Heimat fliegen konnten. Ehrlich gesagt, hätte ich ja nichts dagegen gehabt, noch ein bisschen länger in den USA zu bleiben, aber anscheinend genügte es der Aschewolke wohl, nur unsere Besuchspläne mit Melanie und Francesco nicht aber unser Reisevorhaben zu vereiteln. In London zerschlug sich dann auch mein letztes Fünkchen Hoffnung, noch ein bisschen kosmopolitische Großstadtluft zu schnuppern. Von dem Chaos der letzten Woche war überhaupt nichts mehr zu spüren und unser Flugzeug gähnte schon fast vor Leere, so dass wir uns beide jeder auf drei Sitzen breit machen konnten.


Nach dem wir stundenlang unterwegs waren, konnte ich mich vor Müdigkeit kaum noch auf den Beinen halten und ich malte mir schon freudig aus, wie ich im Auto meiner Eltern auf dem Weg nach Stendal die schlaflose Nacht im Flugzeug, eingequetscht in der Mittelreihe, nachholen und friedlich vor mich hin schlummern würde. Nichts da, ein Plappermäulchen musste mein von mir so sorgfältig verheimlichtes Ankunftsdatum weitererzählen und durch die Flughafenfensterscheibe konnte ich schon sehen, wie ein kleines Grüppchen inklusive Willkommensschild und Blumenstrauß auf mich wartete. Während wir auf unser Gepäck warteten, versuchte ich noch zu retten, was nicht mehr zu retten war: Meine Haare hingen mir wirr vom Kopf, meine Klamotten klebten am Körper und ich konnte förmlich spüren, wie mein Gesicht wie ein Speckschwarte glänzte. Ich würde einfach einen geräumigen Abstand halten müssen, um meine wartenden Eltern und Freunde nicht gleich wieder in die Schlucht zu schlagen. Insgeheim freute ich mich natürlich sehr, und fühlte mich auch ein kleines bisschen geschmeichelt, dass meine Freunde extra für mich zum Flughafen gekommen sind und meine lieben Eltern sogar ein Schild für anfertigen lassen haben.


So, das war es dann wohl, mein Neuseelandtagebuch geht hier leider zu Ende. Ich hoffe, ich habe euch mit meinen Erzählungen und Fotos nicht zu sehr gelangweilt, auf jeden Fall freue ich mich sehr, dass ihr auf meiner Seite vorbeigeschaut habt! Wie es nun mit mir weitergeht, wird sich zeigen, ich habe, mal wieder, keinen festen Plan. Eigentlich hatte ich ja vor, hier einen tollen Job zu finden, aber da es meine Freunde alle in die Ferne zieht, juckt es mir manchmal auch schon wieder in den Fingern. Kanada, zum Beispiel, soll ja auch sehr schön sein ... mal kucken, was passiert. In diesem Sinne, liebe Grüße & auf Wiedersehen!

Sind wieder gut gelandet.

Haben alle auf uns gewartet, zum Glück hatte das Flugzeug keine Verspätung.

Donnerstag, 22. April 2010

Santa Fe


Am Sonntag wollten wir eigentlich meine Freundin Melanie und ihren Freund Francesco von Albuquerques Flughafen abholen, doch die isländische, den europäischen Luftverkehr lahmlegende Aschewolke schert sich nicht um unsere Pläne. Wie so viele Reisende hängen Melanie und Francesco in Berlin fest und müssen ihren Flug um eine Woche verschieben. Wie unverschämt, dass der Vulkan ausgerechnet jetzt ausbrechen musste! Ich bin ziemlich enttäuscht, hatte ich mich doch sehr darauf gefreut, die beiden nach einer halben Ewigkeit endlich wieder zu sehen. Stefan nutzt die unerwartete Wendung der Ereignisse, um an einer Raftingfahrt auf dem Colorado River teilzunehmen. Um jedoch hinunter zu dem Fluss zu gelangen, muss die Gruppe zurück nach Page fahren, wo ein Tunnel bei dem Glen-Canyon-Staudamm zum Flussbett führt. Auf die lange Autofahrt und das frühe Aufstehen habe ich nicht so recht Lust und bleibe lieber im Bett liegen. Als ich ausgeschlafen habe, begehe ich einen Frusteinkauf in Flagstaff und erstehe nicht nur eins sondern gleich drei neue Kleider.

Hier geht's zum ...

... Boot.



Ungefähr zwölf Kilometer hinter Flagstaff schuf sich das Volk der Anasazi vor etwa 1000 Jahren im Walnut Canyon ein Zuhause. Ihre in den Felsen gemeißelten Häuser kucken wir uns am Montag an, bevor wir unsere Reise zum "Petrified Forest" Nationalpark fortsetzen. Hier befand sich vor Millionen von Jahren viele Seen und Sümpfe, die dabei halfen, angeschwemmte Baumstämme in bunt funkelnde Steine zu verwandeln. Im Norden des Parks schimmert die "Bemalte Wüste" violett, rotbraun, grau und weiß im Sonnenlicht.

Ein Steinhaus im ...

... Walnuss Canyon

Der "Petrified Forest"


Petroglyphen

Die bemalte Wüste

beUnsere letzte Station in den USA bildet Santa Fe, Melanies und Francescos derzeitiges Zuhause, die Glücklichen. Wie ihr vollständiger Name "La Villa Real de la Santa Fé de San Francisco de Asís" (Königliche Stadt des heiligen Glaubens des heiligen Franz von Assisi) schon verrät, regiert die Stadt mit spanischen Wurzeln den Bundesstaat New Mexico. Ursprünglich befand sich an diesem Ort Siedlung der Pueblo-Indianer, bevor die Stadt im 16. Jahrhundert von den Spaniern für den Sitz des Gouverneurs der Provinz Nuevo Méjico des Vizekönigreiches Neuspanien ausgewählt wurde. Damit stellt sie nicht nur die älteste Hauptstadt auf der amerikanischen Bundesebene dar, sondern kann heute mit der ältesten Kirche, der San-Miguel-Kirche, und dem ältesten öffentlichen Gebäude der USA, dem Gouverneurspalast, fleißig angeben. Die 200 Kunstgalerien und Schmuckläden tun ihr Übriges, um die Besucher aus aller Welt, uns mit eingeschlossen, in Verzückung zu versetzen.

Santa Fe

Kunstgalerien in der Canyon RD


Der Gouverneurspalast

Die San-Miguel-Kirche

Ein Cowboy auf Abwegen ...

Samstag, 17. April 2010

Im Canyonland



Über 380 Nationalparks, Naturschutzgebiete und Gedenkstätten haben sich in den USA dem Schutz und Erhalt von landschaftlich, kulturell und historisch wertvollen Gebieten verschrieben. Im Wilden Westen befinden sich mit die schönsten und bekanntesten. Unser erster Anlaufpunkt bildet der Zion Nationalpark im Süden von Utah. Das Herzstück des Parks stellt der vom Virgin River gegrabene Zion Canyon dar, durch den man sich praktischerweise mit den Bussen der Nationalparkverwaltung kutschiert kann. Wer wandern möchte, kommt natürlich auch nicht zu kurz. Im Gegenteil, man kann sich auf verschiedenen Strecken mit unterschiedlichem Schwierigkeitsgraden völlig austoben.

Springdale

Der Zion Canyon

& seine Emerald Pools

Ein amerikanisches Oachkatzl


Da uns die Zeit davonläuft, müssen wir leider den Bryce Canyon mit seinen einzigartigen Gesteinssäulen, die faszinierende Schichtstufenlandschaft des Grand Staircase Escalante National Monuments, den Arches Nationalpark mit seinen bekannten Felsbögen sowie das in vielen Western verewigte National Monument Valley links liegen lassen. Stattdessen schlagen wir unser Lager in dem Städtchen Page am Fuße des Lake Powells auf und lassen uns mit einer geführten Tour die Schönheit des fotogenen Antalope Canyons vor Augen führen.

Nicht leicht zu finden: der Antelope Canyon.




Bei Page handelt es sich wieder um einen Ort, dessen Existenz eng mit dem Bau eines Staudammes zusammenhängt. Anders als beim Hoover-Damm wurde der zwischen 1957 und 1964 erschaffene Glen-Canyon-Damm jedoch errichtet, um die umliegenden Wüstenregionen mit dem entstandenen Stausee vor Dürreperioden zu bewahren. Heute zählt der zweitgrößte, künstlich angelegte See Amerikas zu den reizvollsten Wassersportparadiesen im Südwesten des Landes. Gut versteckt in einem Seitencanyon wartet der Naturbogen mit dem schönen Namen "Rainbow Bridge" auf Besucher, die den Weg zu ihm gefunden haben.

Der Glen-Canyon-Damm ...

... & Lake Powell, sein Stausee

Hiermit schippern wir auf dem See umher.


Hoffentlich stürzt die Rainbow Bridge nicht über uns ein.

Von Page aus verschlägt es uns zum Canyon aller Canyons: dem Grand Canyon. 450 Kilometer lang, zwischen sechs und dreißig Kilometer breit und bis zu 1800 Meter tief – kein Wunder, dass diese gewaltige Schlucht jährlich um die fünf Millionen Besucher anzieht. Maßgeblich für ihre Entstehung verantwortlich ist der Colorado River, der sich im Laufe der Zeit durch das Gestein des herausgehobenen Colorado-Plateaus gefressen und umwerfende Landschaften entstehen lassen hat. Doch der Titel "Gewaltiger Canyon" steht nicht, wie man annehmen könnte, für die Großartigkeit des Canyons. Stattdessen stand bei der Namensgebung der Colorado River Pate, der war den Leuten nämlich bis 1921 als "Grand River" bekannt.

"Horseshoe Bend" - die wohl hübscheste Colorado-Schleife im Canyonland

Wir klappern am Freitag zunächst alle Aussichtspunkte am südwestlichen Rand mit dem Auto ab, bevor wir uns am Samstag die einmalige Schönheit dieser zerklüfteten Schlucht mit ihren vielen Gesteinsstufen, Plateaus, Klippen und kleineren Canyons noch einmal mit einer Wanderung vor Augen führen.

Ta da, der Grand Canyon!


Lieber nicht stolpern oder abrutschen!

Hier kann man sich so richtig klein fühlen.


Stärkung im Route 66 Diner in Williams, danach ging es Stefan gar nicht gut.

Sonntag, 11. April 2010

Im Land der unbegrenzten Köstlichkeiten


Ich kann verstehen, warum die Amerikaner als fettleibige Klopse verschrien sind. Wenn ich hier leben dürfte, würde ich mich höchstwahrscheinlich in kürzester Zeit auch in einen von ihnen verwandeln. Aber wer kann den auch all diesen kulinarischen Gaumenfreuden wie den himmlischen Käsekuchen von der Käsekuchenfabrik, süßen Blaubeerpfannkuchen mit Ahornsirup oder den vielen Pies widerstehen? Ganz zu schweigen von den leckeren Salatdressings und den riesigen Portionen? Wie habe ich es alles vermisst! Es ist wirklich tragisch, dass wir nur zwei Wochen in den USA bleiben. Andererseits kommt meine Figur in diesem Fall vielleicht noch einmal gerade so davon.

Solchen Käsekuchen will ich in Deutschland auch haben!

Diese verführerisch aussehenden Pies gibt es im Pine Country Restaurant, Page, AZ

Doch zurück zu unserem Urlaub. Am Samstag schleppe ich Stefan zum J. Paul Getty Center, welches auf einer Anhöhe liegt und sich um die wertvolle Kunstsammlung des Millionärs Jean Paul Getty kümmert. Nachdem wir unsere Füße nicht mehr spüren können, schwingen wir uns ins Auto und steuern Las Vegas an. Zunächst landen wir jedoch erst einmal im Stau und kommen nur im Schritttempo voran. Als wir endlich die prunkvolle Metropole des Glücksspiels erreichen, ist es schon stockfinster und "the strip", Las Vegas berühmte, in Tausend Lichtern funkelnde Hotel- und Kasinomeile, ist mit Hunderten von ausgelassenen Nachtschwärmern gepflastert, doch wir sind zu KO, um noch irgendetwas zu unternehmen.

Das Getty Center &

seine tolle Aussicht

Las Vegas


Sieht am Tag eher unspektakulär aus: "the strip".

Das Bellagio & sein singender, springender Teich

Am Sonntagmorgen stürzen wir uns selber ins Getümmel und schlendern durch die prominentesten Lasterhallen, natürlich nicht ohne ebenso unser Glück, leider erfolglos, an einem Spielautomaten zu versuchen. Den Fashionistas unter uns sind vielleicht bekannt, dass sich Las Vegas' Hotelgiganten nicht nur um die spielerischen Bedürfnisse ihrer Gäste kümmern, sondern auch versuchen, ihre Einkaufsgelüste mit der Crème de la Crème der Modewelt zufrieden zu stellen. Aber da in Las Vegas ja ein ordinäres Einkaufszentrum ohne irgendwelchen Schnickschnack schlichtweg aus der Rolle fallen würde, haben sich die Baulöwen auch um ihre Malls Gedanken gemacht. So trumpfen die Einkaufspassagen des Caesars Palaces und des Venetians, zum Beispiel, mit einer römischen bzw. venezianischen Themenwelt inklusive Kanal mit singenden Gondolieren auf. In der Fashion Show Mall dagegen wird, wie der Name schon verrät, den Kunden der Inhalt der über zweihundert in der Mall vertretenden Geschäfte auf einem 27 m langen Laufsteg präsentiert. Zweifellos wähne ich mich im siebten Einkaufshimmel, habe aber nach unserem Marsch durch die vielen Kasinos gar keinen Nerv mehr, noch durch die unendlich vielen Läden zu stöbern. Tragisch, tragisch, vor allem, da sich später herausstellen soll, dass die bekannten Modeketten einen großen Bogen um die Wüstenstaaten Arizona und New Mexiko machen. Ich glaube, Stefan denkt an jenem Tag, an dem ich das herausgefunden habe, mit Schrecken zurück und im Nachhinein hätte ich mich selber in den Hintern beißen können, dass ich diese Chance ungenutzt verstreichen lassen habe.

Vielleicht haben wir ja Glück!

Lassen das Einkaufsherz höher schlagen: Caesar's Palace Mall ...


... & die "Grand Canale Shops" des Venetians

Las Vegas' Entwicklung zur Hochburg des Glücksspiels hängt eng mit dem Bau des Hoover-Damms zusammen. 1931 nämlich, als die Stadt im Zuge der Automobilisierung als Knotenpunkt der Eisenbahn nicht mehr gebraucht wurde und eigentlich am Verkümmern war, wurde der Grundstein für den Damm gelegt und die Arbeiter konnten ihren Lohn in den im gleichen Jahr legalisierten Kasinos auf dem Kopf hauen. Gebaut wurde der 221 m hohe und 380 m lange Staudamm allerdings nicht, wie man vielleicht meinen könnte, um die Stromversorgung der aufstrebenden Spielhöllen zu versorgen, sondern um Überschwemmungen des Colorado Rivers vorzubeugen.

Der Hoover-Damm


www.thecheesecakefactory.com
http://pinecountryrestaurant.com/