Freitag, 4. Dezember 2009

Ein schlimmer Tag

Wann geht endlich mein Flug?!

Während Stefan vor Aufregung in der vergangenen Nacht nur wenig schlafen konnte und vor Aufregung seinen Appetit verloren hat, mampfe ich zum Frühstück genüsslich ein Stück Karottenkuchen. Wirklich genießen kann ich unseren letzten gemeinsamen Cafébesuch in der Flughafenhalle aber nicht, da sich seine Gedanken den seinen Flug drehen und er sich Sorgen um die Sicherheitskontrolle macht. So rückt der Zeitpunkt des Abschieds viel zu schnell heran, in einem Augenblick sitzen wir noch in dem Café und im nächsten bleibe ich schon allein in der Wartehalle zurück und versuche meine Tränen weg zu blinzeln. Erst am späten Nachmittag fliege ich nach Christchurch zurück, meine Bemühungen, einen früheren Flug ergattern zu können, bleiben leider erfolglos. Da ich nicht stundenlang allein am Flughafen warten möchte, beschließe ich, mit dem Bus in die Innenstadt zu fahren und mich durch einen Einkaufsbummel abzulenken.


Abends wartet in Christchurch Sebastian mit einer Hiobsbotschaft auf mich: in der Nacht haben irgendwelche Idioten eine Scheibe von meinem Auto eingeschlagen. Erst denke ich mir, dass er sich einen schlechten Scherz mit mir erlaubt, denn wer sollte bitte schön unbedingt mein kleines, altes, verbeultes Auto aufbrechen wollen? Zumal Sebastian Unterschlupf in einer wohlsituierten Straße gefunden und mein Auto dort etwas fehl am Platz gewirkt hat. Doch es ist leider wahr, die Scheibe auf rechten Seite ist unweigerlich kaputt und die pinkfarbigen Lautsprecher, die Stefan und ich zusammen gekauft haben, damit wir beim Autofahren auch Musik hören können, fehlen. Das darf doch nicht wahr sein!

Mein armes Auto!

Sind auch weg.

Nachdem mein erster Schock überwunden ist, rufen wir als erstes die Polizei an, obwohl das bestimmt nichts bringen wird. Dann frage ich bei meiner Versicherung nach, wie ein solcher Vorfall gehandhabt wird. Nach und nach fallen mir immer mehr Sachen ein, die ich im Kofferraum gelassen habe und ich werde immer wütender: meine ganzen Bücher, die ich mir für die letzten Monate extra aufgehoben hatte; meine schönen Postkarten, sogar mein Adressbuch ist weg; meine schwarze Tasche, die ich in Napier erstanden und meine neue Lieblingsjacke, die in Auckland gefunden und bis jetzt erst einmal getragen hatte; die Weihnachtsgeschenke für meine Eltern, das Päckchen wollte ich morgen abschicken, und die sorgfältig ausgesuchten Mitbringsel für meine Freunde; und nicht zu vergessen, Stefans Weihnachtsgeschenk für mich! Wie unverschämt! Am liebsten würde ich sofort meine Sachen packen und aus diesem Mistland verschwinden. Ja, die Landschaft ist schön, aber dieses ach so schöne Land ist von sich regelmäßig die Kante gebenden Rowdies, die sogar deutsche, trinkfeste Fußballfans unter den Tisch saufen können, bevölkert. Ein Blick auf die Kriminalitäts- und Suchtzahlen lassen einem da die Haare ergrauen. Wenigstens kann ich mich damit trösten, dass ich meinen Reiserucksack bei Sebastian untergestellt und den Laptop mit nach Auckland genommen habe, sonst würde ich jetzt auch noch ohne Klamotten dastehen.
Eigentlich wollte ich ja am Freitag gemütlich mit Sebastian in einem Café Kaffee schlürfen und die Weihnachtseinkäufe zur Post bringen. Stattdessen laufen wir zur Polizei und holen für die Versicherung den Polizeibericht ab. Während ich mir ausgemalt habe, wie ich die Diebe aufspüre und mir meine Besitztümer wieder besorge, hat Sebastian sich überlegt, welche Sachen wir alle gestohlen melden könnten ... ähm ja, ich sage jetzt wohl lieber nichts mehr. Um die Scheibe müßte ich mich jetzt eigentlich auch noch kümmern, aber das wird wohl nichts mehr in Christchurch. Ich habe nämlich einen Job gefunden! Nichts aufregendes, ich werde mich als Zimmermädchen in einem Motel am Fuße des Franz Josefs Gletscher verdingen, aber ich habe dort erst einmal zugesagt, bevor ich mit nichts dastehe. Da ich am Montag schon anfange, fahre ich morgen hin und ich glaube nicht, dass eine Autowerkstatt die benötigte Scheibe auf Lager hat. Hm, ich muss einfach versuchen, die Scheibe in Franz Josef zu reparieren. Damit ich die Fahrt jedoch einigermaßen ohne Scheibe überstehe, kleben wir das Corpus Delicti am Nachmittag mit Pappe und Plastiktüten ab. Hoffentlich hält unsere provisorische Vorrichtung und gibt unterwegs nicht den Geist auf.

So, das muss halten!

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