Freitag, 22. Mai 2009

Von Dummheiten und Missgeschicken

Die letzten Tage waren, hm, na ja, wie soll ich sagen, irgendwie nicht so toll. Am Dienstag kann ich mich zu nichts anderem aufraffen, außer die Büchersektion von Amazon zu durchstöbern und interessant klingende Titel in meinen Warenkorb zu legen. Als ich mich abends bei Amazon wieder abmelde, umfasst meine Merkliste ganze siebzehn Bücher.
Am Mittwoch stehe ich pünktlich um 12 Uhr mittags bei dem Restaurant "Origins" auf der Matte und trotz Nervosität und sprachlicher Aussetzer verläuft das Vorstellungsgespräch mit dem Manager erfolgreich. Bevor ich dort jedoch kellnern darf, müssen erst meine Unterlagen überprüft werden, was natürlich nicht von heute auf morgen geht, sondern mal wieder bis zu zwei Wochen dauern kann. Und es wird auch nur jemand für das Wochenende benötigt. Wenn es gut läuft, kann ich vielleicht 30 Stunden die Woche arbeiten, wahrscheinlicher sind aber 20 bis 25 Stunden. Bei einem Stundenlohn von nicht ganz $13 wird es mit dem Sparen dann wohl nichts. Aber ich bin sehr stolz auf mich, den Manager in dem Glauben gelassen zu haben, ein ganzen Jahr dort kellnern zu wollen. Auch das Kunstfestival in Christchurch, bei dem ich, wenn ich darf, unbedingt mitarbeiten möchte, habe ich nicht erwähnt. Für jemanden, der mit solchen Sachen normalerweise nicht hinter dem Berg halten kann, ist das schon eine beachtliche Leistung! Dennoch verlasse ich das Restaurant wieder etwas geknickt und hänge auf dem Heimweg trüben Gedanken nach.
Der Donnerstag fängt eigentlich ganz gut an. Am Himmel kann ich keine Wolken erspähen und frohen Gemüts mache ich mich auf den Weg in die Stadt. Ich will ein wenig durch die Läden schlendern und meinen Brief vom Hostel abholen. Als ich gerade mit dem Bus zum Hostel fahre, werde ich vom Restaurantmanager angerufen. Er fragt, ob ich am Abend nicht für zwei Stunden probeweise arbeiten möchte. Natürlich unbezahlt, aber es wäre doch eine gute Übung und überhaupt, man müsse doch kucken, wie ich als Kellnerin so zurechtkomme! Natürlich antworte ich, dass dies gar kein Problem sei und ich sehr gern vorbeikomme würde, aber da ich mindestens zwei Stunden brauche, allein nur um wieder zum Haus zurück zu fahren und es bereits schon um vier ist, einigen wir uns stattdessen auf den Freitagabend.
Mit Ameisen im Bauch - inzwischen hatte ich mich nämlich darauf eingestellt, dass ich frühestens erst in zwei Wochen kellnern würde und der Gedanke, schon so bald in die Kellneruniform schlüpfen zu müssen, löst kleine Panikattacken aus - laufe ich zum Hostel, wo eine böse Überraschung auf mich wartet: im Brieffach liegt zwar ein Brief von der neuseeländischen Steuerbehörde für mich, aber in dem Umschlag steckt nicht meine Steuernummer sondern mein Anmeldeformular und die Aufforderung, die Nummer noch einmal neu zu beantragen, weil mein internationaler Führerschein schon abgelaufen ist und deswegen nicht verwendet werden kann. Mist! Mist! Mist! Ok, ich gebe ja zu, dass ich an diesem Umstand selber schuld bin! Wahrscheinlich wird mir auch keiner glauben, dass ich den internationalen Führerschein Zuhause noch einmal durchgeblättert und kein Ablaufdatum gefunden habe. Nur die Vorderseite, wo gut lesbar in ordentlicher Schrift "gültig bis zum 08. Juni 2002" geschrieben steht, habe ich mir eben nicht so genau angekuckt. Ehrlich! Aufgefallen ist es mir erst, als ich am Montag nach meiner Ankunft im Büro des Bankangestellten sitze und er mich beim Ausfüllen des Antrages fragt, wann der Führerschein ausgestellt wurde.
Um die Nummer doch noch irgendwann in meinen Händen halten zu können, benötige ich entweder einen neuseeländischen Führerschein, einen neuseeländischen Studentenausweis, eine Immatrikulationsbescheinigung von einer neuseeländischen Universität, einen Arbeitsvertrag oder eine Übersetzung meines deutschen Führerscheins. Selbstverständlich kann ich meinen Führerschein nicht einfach selber übersetzen, nur von der Verkehrsbehörde anerkannte Übersetzungsbüros dürfen diese Aufgabe übernehmen, wie sollte es auch anders sein. Ich habe die Nase voll! Von wegen Neuseeland sei unkompliziert und unbürokratisch! Immerhin geht es hierbei um die Erlaubnis, dem neuseeländischen Staat Steuern zahlen zu dürfen. Man sollte meinen, dass der Staat einem dafür nicht so viele Steine in den Weg legt.
Als ich Jakob abends mein Leid klage, meint er, dass ich mit dem deutschen Führerschein für den neuseeländischen keine Prüfungen ablegen muss. Und tatsächlich, auf der Webseite der Verkehrsbehörde entdecke ich, dass deutsche Staatsangehörige zu den glücklichen Auserwählten zählen, die einen neuseeländischen Führerschein beantragen können, ohne die leidigen Prüfungen bestehen zu müssen! Das wäre ja ganz wunderbar!
Erfreulicherweise kann man in dem Einkaufszentrum, wo sich auch das Restaurant befindet, einen neuseeländischen Führerschein beantragen und bevor ich am Freitag meine Probestunden im Restaurant antrete, möchte ich das gleich in Angriff nehmen. Dummerweise verspätet sich mein Bus um 20 Minuten, so dass ich erst fünf Minuten vor Feierabend in der zuständigen Verwaltungsstelle ankomme. Nachdem ich der Frau am Schalter mein Anliegen näher gebracht habe, drückt sie mir ein Anmeldeformular in die Hand und erklärt mir, dass sie den deutschen Führerschein einbehalten und nach Deutschland schicken. Wie bitte? Habe ich sie richtig verstanden? Ich hake noch einmal nach. Ja, ich habe richtig gehört, der deutsche Führerschein wird mir abgenommen und zurückgesendet. Zu schockiert, um vernünftig denken zu können, fällt mir nichts anderes ein, außer zu entgegnen, wohin sie den Führerschein denn schicken würden, ehe ich den Laden wieder verlasse. Na das lief ja mal wieder ganz prima!
Ein bisschen Zeit habe ich noch, bevor ich im Restaurant erwartet werde. Zwei Briefe will ich noch schnell zur Post bringen, außerdem kann ich dann gleich ausprobieren, ob meine neue und so schön glänzende Kreditkarte funktioniert. Leider kann ich mich nicht mehr daran erinnern, welchen PIN ich mir ausgesucht habe und nach der dritten falschen Eingabe will mir der Geldautomat meine Karte nicht mehr zurückgeben. "Oh nein, ganz ruhig bleiben, die netten Postangestellten helfen dir bestimmt, die Karte wiederzubekommen," versuche ich mich selber zu beruhigen, als ich panisch in die Filiale trete. Ich habe Pech, ich erwische eine Mitarbeiterin, die weder Verständnis für mein Missgeschick zeigt, noch Ahnung hat und mir obendrein mein Wechselgeld für die Briefmarken unterschlägt. Meine schöne, neue Kreditkarte kann ich vergessen, ich muss für $10 eine neue Karte beantragen. Wenn Blicke töten könnten, gäbe es diese furchtbare Postangestellte jetzt nicht mehr. Inwischen hat es auch wieder angefangen, in Strömen zu regen, und ich bin fertig mit der Welt! Wenn ich nicht gleich im Restaurant erscheinen müsste, würde ich zum Flughafen fahren und diesem Mistland den Rücken zukehren.

Terry hat es gut, sie kann den lieben langen Tag faulenzen und schlafen!

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